Ende November 2015 kollabierten die bis dahin vor allem auf wirtschaftlicher Ebene gedeihlichen Beziehungen zwischen Russland und der Türkei, nachdem die türkische Luftwaffe im Umfeld des Kriegs in Syrien ein russisches Militärflugzeug abgeschossen hatte. Das Zerwürfnis zwischen Moskau und Ankara beeinflusst auch die Außenpolitik der Staaten von der Schwarzmeerregion bis Zentralasien. So haben sich im ersten Quartal 2016 die Beziehungen zwischen Ankara und Kiew in Gegnerschaft zu Russland intensiviert. Als der Karabach-Konflikt im April 2016 bedrohlich aufflammte, nährte dies Spekulationen, der russisch-türkische Antagonismus habe die Eskalation im Streit zwischen Aserbaidschan und Armenien mit angetrieben. In Zentralasien stärkt Russland seit 2014 seine Machtposition in sicherheitspolitischen Regionalorganisationen. Zugleich kooperieren dort Länder wie Kasachstan in kulturellen und wirtschaftlichen Bereichen mit der Türkei. Der Konflikt zwischen Moskau und Ankara stürzt einige Staaten in Russlands »nahem Ausland« in ein diplomatisches Dilemma.
Europol, Frontex und die Europäische Verteidigungsagentur sind Ausdruck des Trends im europäischen Regieren, weitreichende Aufgaben an unabhängige Agenturen zu delegieren. Vor allem bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise und bei der Terrorismusbekämpfung stehen EU-Agenturen im Fokus. Sie verwalten größere Forschungs- und Rüstungsprogramme, koordinieren Einsätze nationaler Sicherheitsbehörden, sammeln Informationen oder tauschen sensible personenbezogene Daten aus. Angesichts dieser äußerst grundrechtssensiblen und weit in nationale Souveränität hineinwirkenden Tätigkeiten bedarf die Delegation solcher Befugnisse im Bereich innere und äußere Sicherheit einer besonderen Legitimation. Vier EU-Agenturen (Europol, EU-Satellitenzentrum, Europäische Verteidigungsagentur, Frontex) werden in dieser Studie daraufhin untersucht, welche Kompetenzen sie besitzen, wie sie kontrolliert werden sollen und tatsächlich werden und wie sie ihre Aufgaben erfüllen. Die Analyse zeigt, dass gerade umstrittene Agenturen wie Frontex intensiver politischer Kontrolle und Steuerung unterliegen. Ebenso klar wurde, dass die politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im Rat, in den Mitgliedstaaten, in der Kommission und zum Teil auch im Europäischen Parlament aktiv dafür gesorgt haben, dass die Aufgabenfelder der Agenturen in der Praxis beträchtlich ausgeweitet werden konnten.
Die Studie ist Ergebnis des von der Fritz-Thyssen-Stiftung geförderten Projektes »Sicherheit delegieren? EU-Agenturen im Bereich innerer und äußerer Sicherheit« an der SWP.
Ein so weitreichendes Projekt wie die Eurasische Wirtschaftsunion (EWU) kann sich selbst in autoritären Staaten nicht ohne breite Zustimmung in der Bevölkerung entwickeln. Um diese Unterstützung zu mobilisieren und nationalistischen Tendenzen vorzubeugen, haben die Regierungen ausgiebig für das Projekt geworben und Hoffnungen geweckt. Aktuelle Meinungsumfragen ergeben vor allem in Kasachstan (80 Prozent) und Kirgistan (86 Prozent) ausgesprochen hohe Zustimmungswerte. Das ist erstaunlich, weil das erste Jahr der EWU in den Augen vieler Beobachter ein Fehlstart war. Der postsowjetische Raum leidet derzeit an einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise, deren Ursachen freilich nicht in der EWU liegen. Statt die Krise abzumildern, brachte die Integration mit Russland aber weitere Probleme mit sich, insbesondere für Kasachstan. Die Wirtschaftsunion verspricht zudem keinen kurzfristigen Ausweg aus der Misere. Kritik kommt auch von Expert/innen und Politiker/innen aus den EWU-Mitgliedstaaten. Warum aber steht die Bevölkerung dennoch offenbar fast vorbehaltlos hinter dem Integrationsprojekt?
Am 18. März 2016 haben die EU-Staaten mit der Türkei ein Abkommen über die Rückführung von Personen geschlossen, die irregulär nach Griechenland eingewandert sind – in der Hoffnung, die Zahl der irregulären Einreisen in die EU zu reduzieren. Viele feiern das Abkommen als Durchbruch, nachdem die Mitgliedstaaten monatelang unfähig waren, eine gemeinsame Antwort auf die gestiegenen Flüchtlingszahlen zu finden. Tatsächlich ist das Abkommen Ausdruck einer Schwerpunktverlagerung in der EU-Flüchtlingspolitik, bei der nun die Themen Grenzsicherung, Lager und Kontingente im Mittelpunkt stehen. Es zeichnet sich eine grundlegende Umorientierung von der bislang vorherrschenden individuellen Asylantragstellung zu einem System der freiwilligen Übernahme von Flüchtlingsgruppen (Resettlement) ab. Dies birgt Risiken für den globalen Flüchtlingsschutz. Gleichzeitig ergeben sich aber auch neue Formen der Zusammenarbeit, die das EU-Asylsystem stärken können.
Beinahe zwei Jahrzehnte nach Ausrufung des Ziels einer »drogenfreien Welt« blüht der globale illegale Drogenhandel. Dabei sind Routen und Märkte einem steten Wandel unterworfen, der Länder und Regionen vor immer neue Herausforderungen stellt. Gerade westafrikanische Staaten sind längst nicht mehr nur als Gebiete für den Transit von Kokain oder Heroin betroffen. Trotzdem haben sie bei den Vorbereitungen zur UN-Sondergeneralversammlung zum Weltdrogenproblem (UNGASS) Ende April 2016 kaum eine Rolle gespielt. Der Prozess hat aber neuen Schwung in die drogenpolitische Debatte der Region gebracht. Das bietet Ansatzpunkte für neue Partnerschaften, insbesondere mit Europa. Denn verschiedene westafrikanische Staaten und Organisationen haben sich der vergleichsweise progressiven drogenpolitischen Position der EU angenähert. Für einen wirklichen Wandel bedarf es aber nicht nur einer Abkehr nationaler Regierungen von den repressiven Ansätzen, die in Westafrika nach wie vor dominieren, sondern auch eines Umdenkens bei europäischen Programmen im Sicherheitsbereich.
Eine Lösung im Syrien-Konflikt wird nicht nur dadurch erschwert, dass Präsident Bashar al-Asad nicht bereit ist, seinen Platz zu räumen und damit den Weg für einen Kompromiss freizumachen. Ins Gewicht fällt auch, dass auf Seiten der Aufständischen seit 2012 Islamisten unterschiedlicher Ausrichtung dominieren, die auf einen militärischen Sieg setzen. Die internationale Gemeinschaft ist sich einig, dass der »Islamische Staat im Irak und Syrien« (ISIS) kein Verhandlungspartner sein kann, ebenso wenig die al-Qaida nahestehende Nusra-Front. Bleibt die Frage nach den Ahrar ash-Sham, neben ISIS die größte aufständische Gruppierung. Gegen ihre Beteiligung an Verhandlungen spricht ihre militant-salafistische Orientierung, die sie zum engsten Mitstreiter der Nusra-Front macht. Zwar versuchen die Ahrar seit 2015, sich den USA und ihren Verbündeten als Partner zu präsentieren. Sie lassen jedoch nicht erkennen, dass sie ihre Allianz mit den Jihadisten aufgeben wollen.
Angesichts der Instabilität im Nahen Osten betonten Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Kanzlerin Angela Merkel bei den gemeinsamen Regierungskonsultationen im Februar 2016, dass es nicht die Zeit für große Fortschritte im israelisch-palästinensischen Friedensprozess sei. Doch fördert das Festhalten an der Zweistaatenregelung als bloßes Mantra, bei dem konkrete Umsetzungsschritte unterbleiben, die Verfestigung der Einstaatenrealität unter israelischer Dominanz. Dies macht eine Konfliktregelung letztlich unmöglich. In den Bevölkerungen nimmt die Zustimmung zu einer Zweistaatenregelung ab. Als Alternativen haben Einstaaten- oder Konföderationsmodelle derzeit zwar noch geringere Realisierungschancen. Deutsche und europäische Politik sollte dennoch kreative und konstruktive Aspekte solcher Modelle ausloten, die es erlauben, nationalen Identitäten sowie individuellen und kollektiven Rechten kooperativ Geltung zu verschaffen. Priorität muss allerdings sein, bei den Konfliktparteien durch eine Veränderung der Kosten-Nutzen-Kalküle den politischen Willen zu generieren, überhaupt eine Konfliktregelung herbeizuführen.
In verschiedenen EU-Staaten fordern Sezessionsbewegungen die staatliche Unabhängigkeit für ihre Regionen. Durch solche separatistischen Bestrebungen gerät auch das Projekt der europäischen Integration unter Druck. In der vorliegenden Studie wird ein Instrument vorgestellt, mit dessen Hilfe der Separatismus überwunden werden könnte, nämlich das Modell des Bundesstaates bzw. der Föderation. Als Zugang zu dieser Thematik dient eine Analyse von Föderalismusplänen, die internationale Vermittler vorgelegt haben, um Sezessionskonflikte im EU-Nachbarschaftsraum zu überwinden. Aus der vergleichenden Perspektive lassen sich wertvolle Erkenntnisse gewinnen.
Hat eine Region bereits ihre Unabhängigkeit erklärt, ist es schwer, eine Konfliktlösung zu finden. Denn zu diesem Zeitpunkt muss die internationale Staatengemeinschaft bereits über eine mögliche Anerkennung entscheiden. Dadurch steigt die Gefahr, dass externe Akteure ihre Eigeninteressen geltend machen. Entsprechend wichtig sind innerstaatliche Schlichtungsmechanismen. Über Föderationspläne könnte ein solches Instrumentarium verankert werden. Allerdings lehrt die Erfahrung, dass es entscheidend ist, welches Föderationsmodell ausgewählt wird.
Im Falle von Großbritannien und Spanien haben politische und gesellschaftliche Akteure ohne externe Hilfe den Föderationsgedanken aufgegriffen, um die schwebenden Sezessionskonflikte mit Schottland und Katalonien zu lösen. Voraussetzung dafür waren funktionierende demokratische Strukturen, zu denen Parteienkonkurrenz, faire Wahlen, Volksbefragungen und Dialog-Angebote gehören. Die inneren Reformdebatten der beiden Länder könnten Thema eines europäischen Diskurses werden. Ziel wäre dabei, die Debatte über Kernanliegen der europäischen Integration wie Demokratie und Frieden neu zu beleben.