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Stiftung Wissenschaft und Politik
Updated: 1 week 1 day ago

The Motion before Turkey’s Constitutional Court to Ban the Pro-Kurdish HDP

Thu, 17/06/2021 - 02:00

On 2 March 2021, the Turkish Prosecutor General’s office opened investigations into the Peoples’ Democratic Party (HDP). On 17 March it filed its application with the Constitutional Court to have the party banned. The Prosecutor General further sought to prohibit 687 HDP officials from engaging in political activities for five years. This would have amounted to excluding almost all HDP politicians from politics, and thus closing political channels for discussing and solving the Kurdish question for years. On 31 March the Constitutional Court rejected the application due to procedural flaws. However, on 6 June, the Prosecutor General’s office announced that it had filed a further motion to ban the party. This move to prohibit civilian and non-violent Kurdish politics risks augmenting the illegal Kurdistan Workers’ Party (PKK) and per­petuating the Kurdish conflict. It reveals the entanglement of politics and the judi­ciary in Turkey, and highlights structural deficits in the Turkish Constitution.

Ende der Eiszeit zwischen Ägypten und der Türkei

Thu, 17/06/2021 - 02:00

Der Besuch einer hochrangigen türkischen Delegation in Kairo Anfang Mai 2021 mar­kiert einen Wendepunkt in den Beziehungen zwischen der Türkei und Ägypten. Das Verhältnis der Führungen dieser beiden bevölkerungsreichsten Mittelmeeranrainer war seit dem Militärputsch in Ägypten 2013 extrem feindselig gewesen. Die jetzige Annäherung, die in der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen münden könnte, kommt insofern überraschend. Und ihr sind Grenzen gesetzt. Einer engeren Partnerschaft der Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und Abdel-Fatah al-Sisi stehen vor allem Unterschiede in den ideologischen Fundamenten ihrer Herrschaft entgegen. Der außenpolitische Kurswechsel soll den Handlungsspielraum beider Präsidenten ver­größern. Denn ihre Regime stehen aufgrund regionaler, internationaler, aber auch interner Entwicklungen unter Druck. Deutschland und die EU sollten die Annäherung unterstützen, weil sie zur Deeskalation in der Region beitragen kann. Die gegen­wärtige außenpolitische und wirtschaftliche Schwäche der Regime könnte auch eine Chance bieten, politisches Umdenken in anderen Bereichen einzufordern.

Nicaragua in der autoritären Sackgasse

Wed, 16/06/2021 - 15:06

In nur 14 Tagen hat das nicaraguanische Regime dreizehn führende Politiker und Politikerinnen des Landes ihrer Freiheitsrechte durch Gerichtsbeschlüsse beraubt, darunter mit Cristiana Chamorro, Arturo Cruz, Félix Maradiaga und Juan Sebastián Chamorro vier Präsidentschaftskandidaten sowie neun führende Mitglieder der Opposition; sie sitzen im Hausarrest oder im Gefängnis. Dies kann als Vorbereitung auf die für den 7. November 2021 geplanten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen gewertet werden, bei denen Daniel Ortega erneut gemeinsam mit seiner Ehefrau Rosario Murillo zur Wiederwahl antreten wird. Von freien Wahlen kann keine Rede mehr sein: Ortega und sein Clan verfolgen nicht nur politische Kontrahenten, Vertreter aus Wirtschaft und Presse bzw. Journalisten, sie kontrollieren auch den Obersten Wahlrat, den Obersten Gerichtshof sowie die wichtigsten elektronischen Medien und verweigern jegliche Wahlbeobachtung.

Eine lange Geschichte des Protests und der Repression

Ortega, der seit 2007 wieder an der Macht ist, versucht mit allem Nachdruck, seine Herrschaft zu sichern. Seit den landesweiten Protesten des Jahres 2018, als im Frühjahr Tausende durch die Straβen der Hauptstadt und anderer Provinzstädte zogen, um gegen eine umstrittene Reform der Sozialversicherung zu demonstrieren, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und loyalen Gefolgsleuten Ortegas verschärft. Sicherheitskräfte und regierungsnahe Schlägertrupps prallten bei weiteren Konfrontationen mit Demonstranten aufeinander. Insgesamt kam es nach den Ermittlungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission zu 325 Todesfällen, mehr als 2000 Verletzte waren zu beklagen. Über 52.000 Nicaraguaner fanden Zuflucht im Nachbarland Costa Rica, das Ortega-Regime igelte sich ein. Die Menschenrechtskommission wurde des Landes verwiesen, seitdem wird die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen behindert oder verboten. Schließlich zerbrach die oppositionelle Bürgerallianz (Alianza Cívica), die sich mit Parteien, Unternehmerverbänden und sozialen Bewegungen in dem breiten Bündnis UNAB (Unidad Nacional Azul y Blanco) zusammengeschlossen hatte, an inneren Spannungen und verlor ihre Handlungsfähigkeit.

Grundlage für die Verfolgung von Oppositionskräften und Andersdenkenden ist das Gesetz 1055 »zur Verteidigung der Rechte des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden« aus dem Jahr 2020. Es enthält ein breites Raster an Delikten unter dem Oberbegriff »Terrorismus« bzw. Finanzierungen aus dem Ausland und führt nunmehr, auch unter Berufung auf Begleitgesetze, zu zahlreichen Ausschlüssen von öffentlichen Ämtern, Anklagen, Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und Hausarresten, die letztlich jegliche Opposition zum Schweigen bringen sollen.

Vorbild Venezuela

Mit diesem Vorgehen folgt Ortega dem »venezolanischen Handbuch« der autoritären Machterhaltung von Präsident Nicolás Maduro, koste es, was es wolle. Mit gegenseitiger Unterstützung, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich und in ideologischer Hinsicht, betreiben beide Regime die Demontage von Demokratie und Menschenrechten. Maduro stützt sich dabei auf den Nimbus des »Übervaters« Hugo Chávez, in Nicaragua verkörpert dies Daniel Ortega als ehemaliger Guerilla-Kämpfer und Revolutionär, der im Jahr 1979 den Sturz der Somoza-Diktatur herbeiführte, in Person. Der inzwischen 75-jährige Präsident, der nach einer Wahlniederlage im Jahr 1990 das Amt des Staatspräsidenten abgeben musste, klammert sich seit seiner Wiederwahl im Jahr 2006 an die Macht, die er bei verschiedenen Wahlen immer wieder verteidigen konnte. Dabei hilft ihm – wie im venezolanischen Fall – eine Mischung aus Klientelpolitik für die eigene Gefolgschaft in der sandinistischen Partei FSLN kombiniert mit Verboten oppositioneller Parteien, Änderungen des Wahlrechts und der Fragmentierung der Opposition; auch die Gleichschaltung der Gewalten und der Aufbau eines Sicherheits- und Überwachungsapparates zur Kontrolle der Gesellschaft gehören zu seinem Instrumentarium. Alle nationalen Verständigungs- und Dialogversuche sind ohne Ergebnis abgebrochen worden, selbst die Bischöfe des Landes bezeichnet Ortega inzwischen als »Putschisten«, so dass auch von ihnen nach dem gescheiterten nationalen Dialog 2018/2019 keine erneuten Vermittlungsanstrengungen erwartet werden können.

Nur USA und EU können den nötigen Druck aufbauen

Wie im venezolanischen Fall versuchte Ortega auch, die internationale Gemeinschaft mit dem fadenscheinigen Eingehen auf ihre Forderungen auszuspielen; die USA und die EU hatten vor allem mit individuellen Sanktionen gegen den Ortega-Clan reagiert. Aus der zentralamerikanischen Nachbarschaft hat der Präsident wenig Druck zu befürchten: El Salvador, Guatemala und Honduras sind alles Staaten, die selbst einen fragwürdigen Umgang mit Demokratie und Rechtsstaat praktizieren. Mexiko als großer Nachbarstaat hat sich aus der Region zurückgezogen und vertritt eine Politik der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Nur Costa Rica fordert immer wieder die Rückkehr zur Demokratie ein, kann aber bislang nur sehr beschränkt auf internationale Unterstützung rechnen. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hat diese Woche erneut zu einer Rückkehr zu demokratischen Regeln und transparenten Wahlen aufgerufen sowie die Freilassung der »politischen Gefangenen« gefordert. Maximal könnte die Mitgliedschaft Nicaraguas suspendiert werden, wofür 24 Stimmen –nicht zuletzt auch von den links orientierten Regierungen der Region – zusammenkommen müssen; ob das gelingen würde, ist unsicher. Doch auch damit wäre wenig verändert, allein USA und EU könnten mehr Druck aufbauen und einen Wandel im Land bewirken. Doch die USA sind gerade bemüht, den Migrationsdruck aus Zentralamerika auf ihre Grenzen zu reduzieren und möchten keinen zusätzlichen Anlass schaffen, der diese Anstrengungen konterkarieren könnte. Notwendig ist daher eine Initiative des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und der EU-Mitgliedstaaten auf höchster politischer Ebene, wie sie in den 1980er Jahren mit einer Diplomatie der Außenminister betrieben wurde, um die Bürgerkriege in der Region zu beenden. Heute muss es darum gehen, das Abgleiten Nicaraguas in offenen Autoritarismus und weiteren Schaden für die Region abzuwenden.

Measuring the Maghreb

Tue, 15/06/2021 - 15:00

International rankings and indexes, such as the World Press Freedom Index pub­lished in mid-April 2021, are increasingly influential in the Maghreb. The region’s governments promote improvements in their own performance, protest where they score poorly, and celebrate outranking their rivals. Rankings also allow opposition groups and activists to spotlight grievances in their own country. External coopera­tion partners, above all the European Union (EU) and its member states, use them as a basis for decision making and policies towards Algeria, Morocco and Tunisia. While rankings and indexes insinuate objectivity and comparability, their sources, validity and utilisation are frequently problematic. Only if they are embedded in qualitative research on the Maghreb and their downsides reflected can they make a meaningful contribution to identifying reform needs and addressing deficits.

Gipfeltreffen der G7+ in Cornwall – nur Teil der Lösung

Fri, 11/06/2021 - 13:07

Die Herausforderungen, vor denen die westlichen Demokratien heute stehen, sind enorm: Die Pandemie, ihre Folgen und ähnliche Bedrohungen in der Zukunft; der Klimawandel; wachsende gesellschaftliche Ungleichheit und rasanter technologischer Wandel – das sind die wichtigsten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Themen. Geopolitisch sind es der Aufstieg Chinas zur Weltmacht und sein Anspruch, die Weltordnung in seinem Sinne umzubauen, sowie die inneren Krisen der westlichen Demokratien und der Druck auf sie von außen. Der Gastgeber des G7-Gipfeltreffens in Cornwall am kommenden Wochenende, Boris Johnson, antwortet darauf mit einer Erweiterung des Teilnehmerkreises um die Staats- bzw. Regierungschefs von Indien, Südkorea, Australien sowie Südafrika. Er bezog sich dabei explizit auf das gemeinsame Bekenntnis dieser Länder zur Demokratie.

Historisch entstand die G7 1975 als »erweiterter Westen« vor dem Hintergrund weltwirtschaftlicher (Auflösung des Währungssystems fester Wechselkurse, Ölkrise) und weltpolitischer (sowjetische Aufrüstung und deren Expansionspolitik in der Dritten Welt) Verwerfungen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, kooptierten die USA und ihre traditionellen europäischen Verbündeten Großbritannien und Frankreich die beiden ehemaligen Kriegsgegner und neuen Weltwirtschaftsmächte, die Bundesrepublik Deutschland und Japan. Italien und Kanada stießen hinzu; so entstand die G7, die 1975 noch über 60 Prozent der Weltwirtschaft repräsentierte, als eine Art Direktorium der westlichen Demokratien. Nach dem Endes des Kalten Krieges wurde Russland 1996 in die G7 aufgenommen und diese somit zur G8; die russische Besetzung und Annexion der Krim 2014 führte dazu, dass Russlands Mitgliedschaft suspendiert wurde. Die G8 wurde wieder zur G7, der ausschließlich westliche Demokratien angehören.

China ist Gegenspieler und Partner

Die Probleme, vor denen der Westen heute steht, sind noch wesentlich schwerwiegender und schwieriger zu bewältigen als die der 1970er Jahre. Hinzu kommt, dass die Volkswirtschaften der G7-Staaten heute nur noch rund 45 Prozent der Weltwirtschaft repräsentieren und dass ihr wichtigster Herausforderer, China, im Gegensatz zur Sowjetunion, tief in diese Weltwirtschaft integriert und deshalb zugleich Gegenspieler und Partner ist. Eine schlichte Erweiterung der G7 zu einer G11 oder »D11« der Demokratien kann daher nicht die Lösung sein.

Nicht einmal in den USA selbst, geschweige denn bei den Verbündeten, gibt es ernsthaft die Bereitschaft, die wirtschaftlichen Bindungen und Verbindungen mit China aufzulösen; allenfalls geht es darum, Verwundbarkeiten in bestimmten sensiblen Bereichen – wie zum Beispiel dem G5-Netz – einzudämmen. Zudem wird China gebraucht, etwa um den Klimawandel abzubremsen. Um entsprechende Lösungen vorzubereiten und gewissermaßen als Katalysator für verbindliche Vereinbarungen in Verträgen und internationalen Organisationen voranzutreiben – und dies ist die eigentliche Funktion der G7 – , muss China also einbezogen werden. Das könnte, wie bereits im Vorfeld des Pariser Abkommens, im Rahmen bilateraler Gespräche zwischen den USA und China, vielleicht auch gemeinsam mit der EU, erfolgen oder im Kontext der G20, wo China vertreten ist. Dagegen wäre eine G7+, also eine analog zum Cornwall-Gipfeltreffen informell erweiterte G7, ein durchaus angemessener Rahmen, um Chinas Einflussnahme auf internationale Organisationen wie etwa den VN-Menschenrechtsrat in Genf entgegenzutreten. Chinas Bestrebungen, die regionale Ordnung in Ostasien umzustoßen und dort die USA als Vormacht abzulösen, hat zudem die diplomatische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit im Rahmen der Quad intensiviert, in der die USA mit Japan, Australien und Indien zusammenwirken. Diese Kooperation könnte perspektivisch auch auf Südkorea und einige ASEAN-Staaten wie Vietnam und die Philippinen ausgeweitet werden. Auch eine Mitwirkung europäischer Staaten wäre vorstellbar: Immerhin beschäftigt sich inzwischen auch die Nato mit China.

Engeres Zusammenwirken westlicher Demokratien – doch in welchem Forum?

Schließlich gibt es noch den Vorschlag des US-Präsidenten, noch in diesem Jahr ein Gipfeltreffen der Demokratien einzuberufen. Diesen Vorstoß unternahm Biden zuletzt auf der virtuellen Münchner Sicherheitskonferenz im Februar, jetzt wird er diesen Vorschlag in Cornwall einbringen. Er ist ebenso angemessen wie heikel. Angemessen, weil sich die westlichen Demokratien derzeit von inneren und äußeren Gegnern belagert sehen und deshalb allen Grund hätten, sich gegenseitig zu unterstützen und zu bestärken. Heikel ist diese Idee, weil sich das Format wenig zur kritischen Selbstreflexion über die Krisen der Demokratien (jeweils im Plural!) eignet und der Gipfel nur allzu leicht zu einer bequemen, aber unkonstruktiven und konfliktverschärfenden Frontstellung gegen China geraten könnte.

Dennoch verdient die Idee eines engeren Zusammenwirkens der westlichen Demokratien Unterstützung. Die G7+, wie sie am Wochenende in Cornwall tagen wird, ist dafür allerdings wenig geeignet – die Tagesordnung ist ohnehin übervoll und ihre Katalysator-Funktion wird anderweitig benötigt, etwa bei der Klima- oder Steuerpolitik. Es braucht für diese Idee ein Format, das dem idealtypischen, partizipatorischen Anspruch der liberalen Demokratien gerecht wird und zugleich auch eine der lebendigsten und erfolgreichsten Demokratien einbezieht: Taiwan. Eine gewaltsame Annexion Taiwans durch die Volksrepublik gegen den Widerstand der Bevölkerung wäre nicht nur das Ende der gegenwärtigen regionalen Ordnung in Ostasien, sondern auch eine schwere Niederlage für die Idee der westlichen Demokratie. Dennoch wäre eine offizielle Einladung an Taiwan zu einem wie immer gearteten Gipfeltreffen eine Provokation Chinas. Diese Überlegungen sprechen dafür, die Zusammenarbeit der Demokratien eher ihren Zivilgesellschaften als den Regierungen zu überantworten.

Der Antrag auf das Verbot der prokurdischen HDP beim türkischen Verfassungsgericht

Thu, 10/06/2021 - 16:23

Am 2. März 2021 hat die türkische Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Demokratische Partei der Völker (HDP) eingeleitet, am 17. März die Klageschrift auf deren Verbot beim Verfassungsgericht eingereicht. Der Generalstaatsanwalt hat ferner beantragt, 687 Funktionären der Partei zu verbieten, sich in den nächsten fünf Jahren poli­tisch zu betätigen. Das würde auf den Ausschluss fast aller HDP-Politiker von der Politik hinauslaufen und so die politischen Kanäle für die Diskussion und Lösung der Kurden­frage auf Jahre verschließen. Zwar hat das Verfassungsgericht am 31. März die Klageschrift wegen verfahrensrechtlicher Mängel zurückgewiesen. Doch am 6. Juni teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit, dass sie einen weiteren Vorstoß zum Verbot der Partei unternommen hat. Damit besteht die Gefahr, dass die Verhinderung ziviler und gewaltfreier kurdischer Politik Wasser auf die Mühlen der illegalen Arbeiter­partei Kurdistans (PKK) ist und sich der Kurdenkonflikt erneut per­petuiert. Der Vor­gang wirft ein Schlaglicht auf die Verschränkung von Politik und Justiz in der Türkei und macht strukturelle Mängel der türkischen Verfassungsordnung deutlich.

First Summit of the Anti‑China Coalition

Thu, 10/06/2021 - 15:00

The 2021 G7 Summit of the heads of state and government of the seven leading indus­trial nations (Germany, France, Italy, Japan, Canada, United States, United Kingdom) will be held in Cornwall, UK, from 11 to 13 June. As host, British Prime Minister Boris Johnson has placed future relations with China at the top of the agenda. That priori­tisation is reflected in the guest list: Australia, India, South Korea and South Africa. The Cornwall G7 has been set up to develop a broad alliance against an increasingly aggressive China. The German government tends to play up China’s economic signifi­cance and risks slipping into an outsider role, enabling a totalitarian state for eco­nomic gain.

Der erste Gipfel der Anti-China-Koalition

Thu, 10/06/2021 - 02:00

Der britische Premierminister Boris Johnson ist vom 11. bis 13. Juni Gastgeber der Staats- und Regierungschefs sechs anderer führender Industrieländer (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA). Brisanz hat dieser G7-Gipfel im eng­lischen Cornwall insofern, als Johnson die Frage der künftigen Zusammenarbeit mit China zu einem der Kernthemen gemacht hat. Die Schwerpunktsetzung zeigt sich schon an der Liste der zusätzlich eingeladenen Länder: Australien, Indien, Südkorea und Südafrika. Die Bildung einer breiten Allianz gegen das zunehmend aggressiv auf­tretende China gewinnt mit dem G7-Gipfel an Dynamik. Die deutsche Außenpolitik hat in dessen Vorfeld mehrfach auf die wirtschaftliche Bedeutung Chinas hingewiesen und gerät zusehends in die Rolle eines Außenseiters, der aus ökonomischen Inter­essen an der Zusammenarbeit mit einem totalitären Staat festhält.

Machtpolitik statt Demokratie – Peru vor der Stichwahl um das Präsidentenamt

Fri, 04/06/2021 - 00:00

Peru steht in der Stichwahl um das Präsidentenamt vor einem ungewissen Wahlgang am kommenden Wochenende. Der Anti-System-Kandidat Pedro Castillo und die Tochter des früheren Präsidenten Alberto Fujimori, Keiko Fujimori, liegen in Umfragen gleichauf. Unabhängig vom Wahlausgang werden die Verwerfungen für das Land massiv sein. Angesichts der Wahloption zwischen zwei Übeln dürften die ungültigen Stimmen zum heimlichen Wahlsieger werden. Den Schaden wird die ohnedies schwache Demokratie des Landes davontragen, auch weil beide Kandidaten sich kaum mit demokratischen Verfahrensweisen identifizieren. Ihnen geht es schlicht um Macht.

Hohe Volatilität der politischen Präferenzen

Die letzten vier Jahre waren in Peru von zahlreichen Wechseln in Regierungsämtern und im Präsidentenamt gekennzeichnet, nicht zuletzt deswegen wurden die Neuwahlen auf das Jahr 2021 vorgezogen. Im ersten Wahlgang am 11. April 2021 konnte sich der Dorflehrer aus den Anden, Pedro Castillo, mit 19 Prozent der Stimmen überraschend deutlich gegen die gesamte Elite des Landes durchsetzen; das politische Spektrum wurde durcheinander gewirbelt. Castillo war erfolgreich, weil er als einziger Kandidat den »Wandel« gegenüber der etablierten politischen Klasse repräsentiert, die bei der Wählerschaft in einem schlechten Ruf steht. Er bewirbt sich erstmals um ein politisches Wahlamt und war bislang nur als Anführer bei Lehrerstreiks in Erscheinung getreten. Sein Versprechen, die »wahren« Interessen des Volkes zu vertreten, verfing. Mit 13 Prozent schaffte es auch Keiko Fujimori – bereits zum dritten Mal – in die Stichwahl. Ihr Vater ist der ehemalige, rechtskräftig zu 25 Jahren Gefängnis verurteilte und gegenwärtig einsitzende Präsident der Jahre 1990-2000, Alberto Fujimori, der in Teilen des Landes bis heute Unterstützer hat, die seine unmittelbare Entlassung aus dem Gefängnis fordern. Die Tochter hat das zweifelhafte politische Erbe ihres Vaters angetreten, was seine Präferenz für eine Politik der harten Hand oder die umfassenden Vorwürfe der Korruption angeht. Viele schließen daher aus, sie zu wählen: Zu Beginn des Wahlprozesses waren es noch 72 Prozent der Peruaner – zuletzt allerdings nur noch 45 Prozent. Denn die aktuelle Lage des Landes kommt Fujimori zugute. Die massiven Folgen der Corona-Krise, der Wirtschaftseinbruch, die prekäre Sicherheitslage im Land und der Druck, den die zuströmenden Flüchtlinge aus Venezuela auf den (informellen) Arbeitsmarkt ausüben, sorgen für Zulauf bei ihrer Anhängerschaft, die ihr hartes Durchgreifen zutraut.

Beide Kandidaten werden im Falle ihrer Wahl große Schwierigkeiten haben, eine parlamentarische Mehrheit für sich zu gewinnen: Bei den gleichzeitig mit der ersten Runde der Präsidentschaftswahl abgehaltenen Parlamentswahl gelang Castillos Partei erstmals der Einzug ins Parlament – und dabei gleich als stärkste Kraft mit 37 von 130 Sitzen; Fujimoris Fuerza Popular errang 24 Sitze. Gleichzeitig aber konnten acht weitere Parteien in die Nationalversammlung einziehen, so dass dort eine hohe Fragmentierung das Regieren deutlich erschweren wird. Es ist davon auszugehen, dass sich schnell Koalitionen gegen den Präsidenten bilden werden, die eine Instabilität in der Regierungsführung, seine Abwahl oder den Rücktritt herbeiführen, wie dies bei den letzten drei Präsidenten des Landes der Fall war.

Die Polarisierung lähmt das Land

Wie polarisiert Politik und Gesellschaft in Peru sind, zeigen die Proteste gegen beide Kandidaten. Opfer von Zwangssterilisationen in der Regierungszeit ihres Vaters, Universitätsangehörige, Gewerkschafter, Sozialinitiativen, lokale Komitees und Menschenrechtsorganisationen gingen bereits vor den Stichwahlen regelmäßig gegen Keiko Fujimori auf die Straße. Aber auch Gegner von Pedro Castillo organisieren sich, um Widerstand gegen eine von ihnen als gefährliche Wendung des Landes zu einer »bolivarischen« Politik nach dem Muster Venezuelas und Boliviens zu mobilisieren. Öl ins Feuer gießen dabei Fujimori und viele Medien: Sie stilisieren den als links eingeordneten Castillo als Bedrohung des etablierten politischen Systems sowie als Förderer des Kommunismus und Terrorismus, die Peru überrollen würden, sollte er in das Präsidentenamt einziehen.

Die heimatlose Mitte

Der Fujimorismo ist nun zwangsweise zur Wahloption für die Wähler in der Mitte des politischen Spektrums geworden, die sich bislang immer von dieser politischen Familientradition abgegrenzt hatten. Nun sehen sie sich aber gezwungen, Keiko Fujimori zu unterstützen, weil sie glauben, dass sich die Demokratie besser gegen Keiko wehren kann als gegen Castillo, der eine verfassungsgebende Versammlung und die Verstaatlichung der natürlichen Ressourcen verspricht. All dies sind traditionelle Bilder des Schreckens für die Mittelschicht in der Hauptstadt Lima, die damit in Castillo eine fundamentale Bedrohung sieht. Dessen Wählerschaft findet sich dagegen vor allem in der Bevölkerung der Andenregion, wo große Unzufriedenheit über die Tatsache herrscht, dass es der Politik nicht gelingt, die enormen sozialen Unterschiede zu beseitigen und die Menschen aus der Armut zu befreien. Dabei geht es vor allem um den Export von Rohstoffen wie Öl, Kupfer und Gold, dessen Erlöse die breite Bevölkerung nicht erreichen und in den Händen der Förder- und Exportfirmen verbleiben. Das Gros der Mittelschicht aber lehnt Castillos Vorschläge ab.

Unsichere Regierbarkeit

Bereits jetzt ist absehbar, dass nach einem wahrscheinlich knappen Wahlausgang die gegenseitigen Vorwürfe des Wahlbetrugs zunehmen und auch die Oberste Wahlbehörde in den Sog der Polarisierung geraten wird. Gleiches gilt für die Justiz, bei der ein Verfahren gegen Fujimori wegen Korruption anhängig ist. Aber auch dem Militär könnte wieder eine bedeutendere Rolle zukommen, wenn die Regierbarkeit des Landes aufgrund von Auseinandersetzungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen untereinander und Protesten gegen die politische Klasse sowie unsicherer Parlamentsmehrheiten infrage steht. Dass beide Kandidaten sich im Zweifelsfall nicht an demokratische Regeln und Verfahren halten, ist insoweit kein positives Signal für die Zukunft; Peru könnte damit zu einem Problemfall in der Region werden, die ohnedies von autoritären Tendenzen und ausgreifenden Dynamiken des Zerfalls politischer Organisationen geprägt ist.

State of the Union

Thu, 03/06/2021 - 02:00

Mit der Präsidentschaft Joseph Bidens sind in Deutschland und anderen EU-Staaten hohe Erwartungen an einen »Neustart« der transatlantischen Beziehungen verbunden. Die Handlungsspielräume auch dieses Präsidenten werden allerdings wesentlich mitbestimmt von langfristigen Trends in der US-amerikanischen Innen- und Außenpolitik. Sieben Trends wirken auf die Innen- und Außenpolitik der USA besonders stark ein: die politische Polarisierung; die Verschärfung der sozioökonomischen Ungleichheit; die Transformation der amerikanischen Medienlandschaft; die steigenden Kosten des Klimawandels; der Niedergang des verarbeitenden Gewerbes; die sich zuspitzende Rivalität mit China und die Zunahme der sicherheitspolitischen Anforderungen an die US-Bünd­nissysteme. Diese Entwicklungen verstärken sich ganz überwiegend gegenseitig. Es gibt kaum Einflüsse, die bewirken würden, dass ein Trend den anderen signifikant abschwächt. Das »System USA« bewegt sich daher stabil in eine Richtung – der Handlungsspielraum des amerikanischen Präsi­denten wird sich verengen. Die Revitalisierung der transatlantischen Partnerschaft unter dem Vor­zeichen einer konfrontativen Chinapolitik birgt das Risiko, die EU und die europäischen Nato-Partner der USA zu spalten, statt sie zu einen. Impulse für Veränderungen und gesellschaftliches Umdenken in den USA könnten vor allem aus dem wachsenden Problemdruck entstehen. Das gilt beispielsweise mit Blick auf die Kosten des Klimawandels und auf die Gefahren für die amerikanische Demokratie, die mit Desinformation einhergehen. Die deutsche und die europäische Amerikapolitik sollten vor diesem Hintergrund realistische Ambitionen formulieren. Chancen für mehr transatlantische Zusammenarbeit eröffnen sich unter anderem bei der Entwicklung gemeinsamer Normen, Regularien und technischer Standards für den ökonomischen Austausch, nicht zuletzt im Bereich der Digitalwirtschaft, sowie bei gemeinsamen Investitionen.

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