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Deutsches Institut für Entwicklungspolitik / Analysen

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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Updated: 1 day 7 hours ago

Szenarien für verstärkte EU-Geberkoordinierung: wie viel Koordinierung ist sinnvoll?

Fri, 19/09/2014 - 10:42
Die Notwendigkeit einer besseren Koordinierung der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) der Europäischen Union (EU) wird von den meisten Akteuren aus Wissenschaft und Praxis nicht in Frage gestellt. Sie ergibt sich aus der Frag­mentierung und Proliferation der öffentlichen EZ, die in jüngster Zeit trotz der Rufe nach einer stärkeren Harmo­nisierung und Arbeitsteilung deutlich zugenommen hat. In den vergangenen zehn Jahren hat die EU eine Reihe guter technischer Lösungen zur Überwindung der Frag­mentierung entwickelt. Die größten Herausforderungen der unge­nügenden Koordinierung sind allerdings nicht technischer Art, sondern stehen im Zusammenhang mit einem klaren poli­tischen Bekenntnis und der Formulierung einer Marsch­route für weitere Verbesserungen.

Bei den bestehenden Verpflichtungen der EU zur Koordinierung der EZ und der aktuellen Mechanismen ist kein einheitliches Kosten-/Nutzen-Bild erkennbar. Die Bemühun­gen der EU im Zusammenhang mit der internationalen Debatte über die Wirksamkeit und insbesondere die Aspekte der Koordinierung der EZ gehen nicht immer mit Verbes­serungen auf der nationalen Ebene einzelner Mitgliedstaaten einher. Bereits bestehende Koordinierungsbemühungen für die drei Hauptbereiche (Politik, Programmplanung und Umsetzung) müssen auf den Prüfstand gestellt werden, um die europäische Entwicklungspolitik auf die Herausforderun­gen abzustimmen. Das erfordert eine Überprüfung von Instrumenten wie Arbeitsteilung, gemeinsame Planung und programmbasierte Ansätze.

Einsparungen und sonstige Vorteile einer verbesserten oder verstärkten Koordinierung der europäischen EZ müssen sowohl qualitativ als auch quantitativ bewertet werden. Insgesamt gibt es drei zentrale Erklärungen für die EU- Koordinierungsdefizite:

  1. Es besteht kein Konsens darüber, welches das richtige Maß für die Koordinierung sein sollte.
  2. Die politische Ökonomie der Geberkoordinierung ist komplex; es gibt starke Anreize, die einer verstärkten Koordinierung entgegenwirken (z. B. das Interesse von Mitgliedstaaten an "Sichtbarkeit").
  3. Die politische Ökonomie der Partnerländer hinsichtlich des Umgangs mit Gebern ist ebenfalls komplex und begünstigt nicht immer eine verstärkte Koordinierung (Frag­mentierung von Gebern als Strategie zur Risikostreuung, z. B. in Fällen politischer Konditio­nalität).
Geringere Transaktionskosten gehören zu den potenziellen Vorteilen der Koordinierung, die einfach zu erzielen und sichtbar sind. Darüber hinaus kann die Koordinierung der EZ auf EU-Ebene größere entwicklungspolitische Wirkungen entfalten. Die Quantifizierung aller mögli­chen Vorteile ist allerdings schwierig, weil es nahezu un­möglich ist, den "Wendepunkt" zu identifizieren, an dem der Nutzen die Kosten überwiegt, und weil qualitative Vorteile schwer zu beziffern sind.

Es lassen sich verschiedene Szenarien für die Gestaltung der künf­tigen EU-Entwicklungspolitik identifizieren. Für die EZ der EU wäre ein voll integrierter Ansatz zumindest theoretisch der beste Weg zur Überwindung der Frag­mentierung und der damit verbundenen Kosten. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass die Mitgliedstaaten das tatsächlich anstreben und umsetzen wollen.

Grün und sauber? Wasserkraft zwischen niedrigen Treibhausgasemissionen und hohen sozialen und ökologischen Kosten

Wed, 03/09/2014 - 14:26
Im vergangenen Jahrzehnt ist die Wasserkraft auf die globale Agenda zurückgekehrt, nachdem sie aufgrund der heftigen Kritik an ihren sozialen und ökologischen Wirkungen kaum noch eine Rolle spielte.
Die Befürworter von Wasserkraft argumentieren, sie sei ‚sauber‘ und ‚grün‘ und könne deshalb eine kohlenstoffarme Entwicklung unterstützen. Der Kampf gegen den Klimawandel erfordere eine Stromerzeugung aus Quellen mit niedrigen Treibhausgasemissionen (THG), und weil Wasserkraft ein geringer Emittent ist, hat sie das Potential, zum Schutz eines globalen öffentlichen Gutes beizutragen: des globalen Klimas. Zugleich fördere sie Wirtschaftswachstum und soziale Entwicklung. Dieses Potential hat die Wasserkraft wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.
Trotz der positiven Rolle, die Wasserkraft beim globalen Klimawandel spielen kann, bleibt das Dilemma bestehen: Ist Wasserkraft wünschenswert, weil sie kohlenstoffarme Energie liefern kann, oder nicht wünschenswert, weil sie lokal problematische ökologische und soziale Auswirkungen hat? Die Antwort ist nicht einfach, denn es müssen schwierige Abwägungen vorgenommen werden.
Zweifellos ist die globale Erwärmung eine der größten Bedrohungen dieses Jahrhunderts. Dennoch bleiben die lokalen sozialen und ökologischen Auswirkungen von Wasserkraftanlagen bestehen, und die positivere Sicht auf Wasserkraft läuft Gefahr, die negativen Wirkungen – auf Menschen und auf Ressourcen – zu übersehen. Diese Wirkungen sollten ob der Vorteile kohlenstoffarmen Wachstums nicht leichtfertig hintangestellt werden. Die neuerliche Aufmerksamkeit für Wasserkraft bietet auch eine entscheidende Möglichkeit, nämlich sozial und ökologisch verträglichere Projekte / Anlagen zu entwickeln. Damit die positive Rolle der Wasserkraft bei der Bereitstellung von erschwinglichen, flexiblen erneuerbaren Energien zum Zuge kommt, sollte es das übergeordnete Ziel sein, die Optionen mit den geringsten negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen zu wählen. Nationale Behörden sollten dabei unterstützt werden, zu gut begründeten und ausgewogenen Entscheidungen zwischen globalen und lokalen Nutzen und Kosten zu kommen
Ob es einem gefällt oder nicht, eine Energiewende ist ohne Wasserkraft nicht denkbar, und sie wird in vielen Ländern eine Rolle bei der Eindämmung des Klimawandels spielen. Wir sollten das Momentum nutzen und einen nachhaltigen Weg einschlagen.

Zur Zukunft des ODA-Konzepts: die politischen Aspekte einer scheinbar technischen Diskussion

Wed, 23/07/2014 - 12:52
Ende 2014 besteht die Möglichkeit, dass sich die Entwicklungsminister der Organisation for Economic Co-opera¬tion and Development (OECD) auf eine neue Definition von öffentlicher Entwicklungszusammenarbeit (EZ bzw. Official Development Assistance – ODA) verständigen. Die laufenden Diskussionen hierüber sind nur auf den ersten Blick „technischer Natur“. Einerseits gibt es zwar eine Reihe von konkreten fachlichen Aspekten, wenn es um das Verständnis und die Weiterentwicklung von ODA geht. Andererseits wird offensichtlich, dass die Debatte über eine angemessene neue Definition die gesamte Bandbreite von strukturverändernden entwicklungspolitischen Themen umfasst.
Die stattfindende ODA-Debatte spiegelt deshalb die unterschiedlichen Betrachtungsweisen des gesamten Politikfeldes wider. Brauchen wir lediglich einige systemimmanente Anpassungen des ODA-Konzepts? Oder sehen wir derzeit sogar den „Beginn der Endphase“ der Entwicklungszusammenarbeit, wie wir sie insbesondere seit Beginn der 1960er Jahre kennen? Ist die externe Unterstützung armer Länder ein „Auslaufmodell“ der internationalen Politik?
Es gibt zwei wesentliche Gründe, warum sich die OECD-Länder überhaupt international darüber verständigt haben, was unter ODA zu fassen ist. Zum einen erlaubt eine solche Vereinbarung, Standards und damit qualitative Anforderungen festzulegen, um ODA von anderen Kooperationsansätzen unterscheidbar zu machen – etwa von Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung oder der militärischen Zusammenarbeit mit anderen Staaten. Zum anderen wird es dadurch möglich, Leistungen für Entwicklungszwecke sowie Vergleiche zwischen Ländern, die zu globalem kollektiven Handeln beitragen, quantitativ zu erfassen. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass die Bereitstellung von internationalen Vergleichsdaten tatsächlich einen gewissen Druck auf Regierungen und Parlamente ausüben kann, Anstrengungen in der EZ zu unternehmen oder zu verstärken. So hat sich das größte Geberland, die USA, nie konkret dazu verpflichtet, das von den Gebern grundsätzlich akzeptierte Ziel – die Bereitstellung von 0,7 % ihrer Wirtschaftsleistung für ODA – zu erreichen. Die Länder der Europäischen Union haben etwa durch einen Stufenplan versucht, dieses Ziel zu konkretisieren; allerdings wurde es mehrheitlich nicht erreicht. Lange Zeit galten die skandinavischen Länder und (bis 2012) die Niederlande bei der Erreichung des 0,7 %-Ziels als Vorbild; Großbritannien sieht sich neuerdings ebenfalls in einer Vorreiterrolle, da es das 0,7 %-Ziel mittlerweile gesetzlich verankert hat. Die Diskussionen um dieses Ziel zeigen, dass es dank der statistischen Erfassung durchaus einen internationalen Anreiz gibt, höhere Input-Leistungen zu erbringen.

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