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Diplomacy & Defense Think Tank News

Marcel Fratzscher: „Der Koalitionsvertrag zementiert den Status Quo“

CDU, CSU und SPD haben den Koalitionsvertrag präsentiert. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), kommentiert dies wie folgt:

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD ist ein Kompromiss, der den Status quo weitgehend beibehält und zentrale Zukunftsfragen unzureichend adressiert. Während richtige und ambitionierte Schritte, wie das Sondervermögen für Infrastruktur und die Reform der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben sowie die richtige Prioritätensetzung in der Klima- und Energiepolitik und privaten Investitionen, enthalten sind, fehlen klare Umsetzungsstrategien. Zweifel gibt es, ob die angekündigten Mittel tatsächlich zweckgebunden investiert werden oder für konsumtive Ausgaben genutzt werden. Einsparungen und grundlegende Steuerreformen wurden ausgelassen, was eine Verlagerung von Investitionen in Sonderfonds nötig machen dürfte. 

In wichtigen Bereichen wie Sozialpolitik, Fachkräftemangel und Migration bleiben die angestrebten Maßnahmen unzureichend. Die Rentengarantie verschärft die Umverteilung zu Lasten der jungen Generation, und eine nachhaltige Lösung für den Arbeitskräftemangel fehlt. Positiv hervorzuheben ist die Anhebung des Mindestlohns, während Strukturreformen, etwa beim Ehegattensplitting, ausbleiben. Digitale Innovationen und Modernisierungsziele werden betont, doch bleibt unklar, ob die finanziellen Mittel ausreichen werden. Europas Rolle wird vernachlässigt, trotz drängender globaler Krisen.

Dem vorliegenden Koalitionsvertrag mangelt es an Ambitionen. Er zeigt, dass Union und SPD die Dringlichkeit der aktuellen Krisenlage noch nicht erkannt haben und bleibt in vielen Bereichen ambitionslos. Die Krisen und Bedrohungen für Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand in Deutschland könnten in den kommenden Jahren zunehmen. Es bleibt zu hoffen, dass Union und SPD dann schnell und pragmatisch genug reagieren werden, um Kurskorrekturen vorzunehmen. Weitere vier Jahre mit einer zerstrittenen Bundesregierung und politischer Lähmung kann sich Deutschland nicht mehr leisten.

Autos, Spülmaschinen-Teile und viel mehr: Diese deutschen Waren treffen die Trump-Zölle besonders hart

SWP - Wed, 09/04/2025 - 15:23
Die Strafzölle der USA setzen auch Deutschland unter Druck. Handelsstatistiken zeigen, welche Exportschlager, Unternehmen und Waren in Deutschland die Zollpolitik trifft. Eine Datenanalyse.

Pilotprojekt Grundeinkommen: Feldstudie entkräftet Mythos von der sozialen Hängematte

Dreijährige Feldstudie untersucht Wirkung von bedingungslosen Geldzahlungen – Geldempfänger*innen sparten viel und veränderten Arbeitsmarktverhalten kaum – Mentale Gesundheit und Lebenszufriedenheit verbesserten sich signifikant – Bedingungsloses Grundeinkommen kann als Reformoption nun ...

Scaling Industrial Carbon Dioxide Removal: Policy Options for a Short-Term Strategy

SWP - Wed, 09/04/2025 - 02:00

The role of permanent carbon dioxide removal (CDR) from the atmosphere is currently the subject of intensive discussion within the context of developing a new EU emis­sions reduction target for 2040 and a German long-term strategy on negative emissions. At the same time, a short-term strategy for the coming years is needed to ensure the successful scaling of technologies for what can be called “industrial CDR”. So far, the focus has tended to be on a conceptual discussion of the quantities of CDR that are required to achieve net-zero greenhouse gas emissions; as a result, sufficient attention has not been paid to the question of how and on what time horizon the first large-scale CDR projects can come into being. Some countries have already developed short-term instruments aimed at triggering an initial investment drive into industrial CDR. A comparative assessment of these approaches reveals several viable policy options for targeted CDR scaling in both the EU and Germany.

100 Jahre DIW Berlin – Zentrale Jubiläumsveranstaltung

Gemeinsam mit Wegbegleiter*innen aus Wissenschaft, Politik wollen wir auf 100 Jahre Wirtschaftsforschung zurückblicken. Die zentrale Jubiläumsfeier findet am 27. Mai 2025 ab 16 Uhr im Langenbeck-Virchow-Haus in Berlin Mitte statt. Weitere Informationen hier, Begrüßung durch DIW-Präsident Marcel Fratzscher Grußwort, Sigrid E. Nikutta, Vorsitzende des Kuratoriums des DIW Berlin Grußwort, Kai Wegner, Regierender Bürgermeister Berlin Keynote, Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie, Charité Berlin „Torten der Wahrheit“, Katja Berlin, ...

Podcast 'fossilfrei' - #30 CO2-Bepreisung und Klimageld: linke Tasche, rechte Tasche?

Die Bepreisung von CO2 ist ein zentrales Instrument zur Erreichung der Klimaziele. Jedoch können sich mit steigenden CO2-Preisen erhebliche Belastungen für Haushalte ergeben, wodurch die Frage von sozialem Ausgleich und Rückerstattungen immer wichtiger wird. Daher soll es in dieser Folge um das ...

Trumps Handelskrieg

SWP - Tue, 08/04/2025 - 15:18
Wohlstand in Gefahr?

Technologiepolitik unter Trump II

SWP - Tue, 08/04/2025 - 02:00

Mit der Amtsübernahme von Donald Trump zeichnet sich eine Entwicklung der US‑Technologiepolitik ab, die für Deutschland und Europa eine Gefahr darstellt. Die großen US-Technologiekonzerne scheinen willens, Trumps Bemühen um eine auto­ritäre Umgestaltung der USA mitzutragen – als Gegenleistung stellt er ihnen eine Politik der Deregulierung im In- und Ausland und damit eine weitere Stärkung ihrer Marktposition in Aussicht. Im Außenverhältnis richtet sich diese Politik explizit gegen die europäische Digitalpolitik und bedroht das europäische Wirtschaftsmodell ebenso wie die hiesigen demokratischen Strukturen. Ein geschlossenes Auftreten Europas wäre erstrebenswert; parallel kommt es für die neue Bundesregierung dar­auf an, sich im Rahmen nationaler Politik auf die zu erwartenden technologiepoli­tischen Konflikte mit den USA vorzubereiten.

Tomaso Duso: „Europas Antwort auf US-Zölle: Resilienz statt Eskalation“

Die Handelsminister*innen der Europäischen Union kommen heute zusammen, um über Reaktionen auf die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle zu beraten. Es folgt eine Einschätzung von Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte im DIW Berlin:

Eine Reaktion auf US-Zölle mit Gegensanktionen gegen US-Technologiekonzerne wie Google, Amazon oder Apple ist mit Vorsicht zu bewerten. Der gezielte Einsatz wirtschaftspolitischer Instrumente - etwa in Form einer Digital Services Tax (DST) - kann zwar ein ergänzender strategischer Hebel sein, sollte aber nicht als handelspolitisches Druckmittel missbraucht werden. Eine DST dient primär dazu, eine gerechtere Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle zu gewährleisten und bestehende Besteuerungslücken zu schließen - sie sollte daher nach sachlichen und nicht nach geopolitischen Kriterien ausgestaltet werden. Eine Instrumentalisierung solcher Maßnahmen im Rahmen eines Zollstreits birgt die Gefahr, wirtschaftliche Vergeltungsspiralen in Gang zu setzen, unter denen auch europäische Unternehmen leiden könnten. 

Auch bei regulatorischen und wettbewerbspolitischen Maßnahmen ist größte Vorsicht geboten: Der Digital Markets Act (DMA), der Digital Services Act (DSA) und das europäische Wettbewerbsrecht wurden geschaffen, um faire Wettbewerbsbedingungen im digitalen Binnenmarkt zu gewährleisten. Diese Instrumente dürfen nicht zur handelspolitischen Verhandlungsmasse degradiert werden - ihre unabhängige und strikte Anwendung ist nicht nur rechtlich geboten, sondern auch zentral für die digitale Souveränität Europas.

Statt auf kurzfristige Druckmechanismen zu setzen sollte die EU langfristig in ihre digitale Wettbewerbsfähigkeit investieren. Der Aufbau strategischer Alternativen zu marktbeherrschenden US-Konzernen - etwa durch einen europäischen KI-Stack oder Cloud-Infrastrukturen - ist ein sinnvoller und notwendiger Weg, um technologische Abhängigkeiten zu reduzieren. Ein „deutsches Google“ im engeren Sinne erscheint zwar aufgrund bestehender Netzwerkeffekte und Marktkonzentrationen wenig realistisch. Europa kann aber gezielt eigene digitale Angebote in ausgewählten Schlüsseltechnologien vorantreiben - etwa in den Bereichen KI, Cloud oder Cybersicherheit.

Bürokratische Hürden, mangelnde Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten und unzureichende Risikokapitalfinanzierung stellen jedoch nach wie vor strukturelle Hindernisse dar. Um hier Fortschritte zu erzielen, bedarf es vor allem der Vollendung des Binnenmarktes und der Kapitalmarktunion. Darüber hinaus wäre eine europaweit abgestimmte, wettbewerbsfreundliche, effiziente und transparente Förderstrategie hilfreich. Dem Protektionismus kann Europa am besten begegnen, indem es seine wirtschaftliche Resilienz stärkt - nicht durch Eskalation, sondern durch strategische Unabhängigkeit.

Was Trumps erneute Präsidentschaft für die Konflikte im Westbalkan bedeutet

SWP - Mon, 07/04/2025 - 12:37

Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus wirft Fragen über die künftige US-Strategie im Westbalkan auf, einer Region, die nach wie vor von politischer Instabilität geprägt ist. Während Trumps erster Amtszeit war das US-Engagement im Belgrad-Pristina-Dialog von schnellen Lösungen wie dem kontroversen Vorschlag eines Gebietsaustauschs zwischen Serbien und Kosovo geprägt. Nun stellt sich die Frage, welche Auswirkungen eine erneute Trump-Präsidentschaft auf die fragilen Beziehungen in der Region haben könnte – insbesondere zwischen Kosovo und Serbien sowie in Bosnien und Herzegowina.

Serbien: Politische Allianzen und wirtschaftliche Interessen

Die Ernennung von Richard Grenell zum Sondergesandten für Sondermissionen durch Trump sendet ein klares Signal: Serbien wird im Belgrad-Pristina-Dialog bevorzugt behandelt. 2018 hat er die kontroverse Gebietsaustausch-Idee unterstützt und kürzlich einen 500-Millionen-Dollar-Deal zwischen Trumps Familie und Serbien für den Bau eines Trump-Luxushotels in Belgrad vermittelt, wobei die serbische Regierung 22 Prozent der Profite bekommen soll. 

In Serbien decken sich damit wirtschaftliche und politische Interessen der Trump-Familie und die von Präsident Vučić sowie die eines korrupten Regimes, das oft von großen Bauprojekten finanziell profitiert. Die Opposition lehnt den Hotel-Deal ab, was ihn bei einem Regierungswechsel gefährden könnte.

Zudem hat Trumps Politik Vučićs Repressionen gegen die Zivilgesellschaft gestärkt. Die Auflösung von USAID führte zu Ermittlungen gegen regierungskritische Gruppen, die an den aktuellen Massenprotesten beteiligt waren. Gleichzeitig blieb das serbische Parlament, das ebenfalls von USAID-Geldern profitiert, verschont. Grenell bezog auch öffentlich Stellung gegen die Demonstrierenden

Kosovo: Wahlbeeinflussung und diplomatischer Druck

Auch im Kosovo sorgte Grenells Einfluss für Spannungen. Vor der Parlamentswahl 2025 kritisierte er Premierminister Albin Kurti öffentlich und bezeichnete ihn als unzuverlässigen Partner der USA. Dazu traf er sich mit einem Oppositionsführer, um gegen eine erneute Kurti-Regierung zu argumentieren. Grenell war bereits 2020 maßgeblich am Sturz der ersten Kurti-Regierung beteiligt, weil dieser den Gebietsaustausch mit Serbien ablehnte. Zudem drohte Trump mit dem Abzug der etwa 600 US-Soldaten aus der Nato-Truppe KFOR (Kosovo Force).

Bosnien und Herzegowina: Hoffnung auf Kontinuität trifft auf Sezessionsbestrebungen

In der Republika Srpska (RS) setzte sich zunächst die Hoffnung durch, dass Trump den Sezessionsbestrebungen der Entität entgegenkommen könnte. RS-Präsident Milorad Dodik feierte Trumps Wahlsieg symbolträchtig mit einer MAGA-Mütze. US-Außenminister Marco Rubio kritisierte jedoch die jüngsten Gesetze der RS, die die staatliche Justiz untergraben. Er setzte somit die Biden-Politik fort und rief die US-Partner in der Region auf, sich »diesem gefährlichen und destabilisierenden Verhalten« zu widersetzen. Die Maßnahmen zur Aushöhlung der bosnischen Justiz waren eine Reaktion der RS auf das erstinstanzliche Gerichtsurteil gegen Dodik, der zu einem Jahr Gefängnis und einem sechsjährigen Amtsverbot verurteilt wurde.

Stabilität durch Deals – nicht durch Lösungen

Aufgrund der bisherigen Praktiken wird Trump ein Interesse an dem Erhalt des Status quo in Serbien und Bosnien und Herzegowina haben. Es ist zu erwarten, dass Vučić weiterhin unterstützt wird, um den genannten Hotel-Deal zu ermöglichen. In Bosnien und Herzegowina hat Stabilität Priorität, da zusätzliche Konflikte nicht im Interesse der US-Regierung sind. Regionale Instabilität würde lukrative Wirtschaftsdeals in Serbien und Albanien gefährden, an denen die Trump-Familie beteiligt ist.

Da Trump wirtschaftliche Deals, schnelle Lösungen und Transaktionalismus gegenüber nachhaltigen Lösungen bevorzugt, könnte er im Belgrad-Pristina Dialog die serbische Seite begünstigen und Druck auf Kosovo ausüben, insbesondere falls Kurti erneut regieren sollte. Bei einem möglichen Regierungswechsel im Kosovo könnte dies anders aussehen, da die Opposition im Dialog mit Serbien als kompromissbereiter gilt und von Grenell unterstützt wird. Obwohl eine Wiederkehr des Gebietsaustauschvorschlags unwahrscheinlich bleibt, da sich die politischen und sicherheitspolitischen Verhältnisse zwischen Serbien und Kosovo in den vergangenen Jahren verschärft haben, bleibt die Gefahr einseitiger Lösungen bestehen. 

Eine bedingungslose US-Unterstützung für Vučić könnte regionale Konflikte verschärfen – etwa im Nordkosovo oder der RS. Serbiens Regierung steht unter wachsendem Protestdruck und könnte innen- wie außenpolitisch erratischer agieren. Die EU sollte auf diese möglichen Ereignisse eine Antwort finden, die über die sich als unwirksam erwiesene Stabilitokratie hinausgeht. Nur demokratische Kräfte an der Macht werden für langfristige Stabilität im Westbalkan sorgen.

Eine Kita-Pflicht sollte kein Tabu mehr sein

Viele Kinder in Deutschland können ihre Fähigkeiten und Talente nicht voll entwickeln. Deutschland entgeht ein riesiges Potenzial. Das müsste nicht so sein., In kaum einem Industrieland sind die Bildungschancen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Trotz eines größtenteils öffentlichen Bildungs- und Betreuungssystems hängen die Bildungschancen in Deutschland stärker von der sozialen Herkunft – insbesondere der Bildung und dem Einkommen der Eltern – ab ...

Trump verkündet Zölle, Musk will Freihandel: „Ein Bruch scheint sich abzuzeichnen“

SWP - Sun, 06/04/2025 - 10:22
Während Trump auf Abschottung setzt, fordert Musk plötzlich Freihandel mit Europa. Zuvor gab es bereits Gerüchte, er könnte das Weiße Haus verlassen. Zieht sich der Milliardär zurück?

Merz's migration gamble

SWP - Fri, 04/04/2025 - 16:00

US ohne AID?

SWP - Fri, 04/04/2025 - 10:04

Die Koordination hat Nadine Biehler übernommen.

Warum immer mehr Inder*innen nach Berlin kommen

SWP - Thu, 03/04/2025 - 16:29
Mehr als nur Essenslieferanten: Wie Inder*innen Berlin mitgestalten

Trump-Zölle: Ergebnis einer "kruden Rechnung"

SWP - Thu, 03/04/2025 - 11:42
Nicht nur die Berechnungen für die Zölle seien zweifelhaft, so die Expertin für US-Wirtschaftspolitik Laura von Daniels. Auch die angestrebten Ziele stünden im Konflikt zueinander.

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