∎ Während das Thema grenzüberschreitende Flucht seit Jahren ganz oben auf der internationalen Agenda steht, erfährt das zahlenmäßig noch größere Phänomen Binnenvertreibung wenig politische Aufmerksamkeit. Das ist problematisch, da Binnenvertreibung Konflikte fördert und Entwicklung hemmt.
∎ Das Problem verschärft sich, wenn Binnenvertreibung lange andauert. Wird einer großen Bevölkerungsgruppe über Jahre die Ausübung von Grund- und Bürgerrechten verwehrt, entstehen hohe gesamtgesellschaftliche Kosten und politische Risiken.
∎ Akute Binnenvertreibung kann vielfältige Ursachen haben. Verstetigt sie sich, deutet das auf grundlegende politische Versäumnisse hin. Entsprechend sensibel ist das Thema für die jeweiligen Regierungen. Sie werten internationale Unterstützungsangebote häufig als unzulässige Eingriffe in ihre inneren Angelegenheiten.
∎ Auf globaler und regionaler Ebene sind seit Anfang der 2000er Jahre Fortschritte in der Rechtsetzung zu verzeichnen. Die Umsetzung ist aber nach wie vor unzureichend, und es fehlt ein zentraler internationaler Akteur, der sich für die Belange von Binnenvertriebenen stark macht.
∎ Voraussetzung für den Schutz und die Unterstützung der Betroffenen ist der politische Wille nationaler Entscheidungsträger. Neue Zugänge lassen sich eröffnen, wenn den Regierungen die Folgen von Binnenvertreibung klarer vor Augen geführt werden und an ihr Eigeninteresse appelliert wird.
∎ Die Bundesregierung sollte dem Thema Binnenvertreibung mehr Aufmerksamkeit widmen und sich besonders für dauerhafte Lösungen einsetzen. Die wichtigste institutionelle Reform bestände darin, wieder einen Sonderbeauftragten für Binnenvertriebene zu ernennen, der dem Generalsekretär der Vereinten Nationen direkt unterstellt ist.
Lange galt der Grundsatz, dass Präsidentschaftswahlen in den USA in der politischen Mitte gewonnen werden. Aufgrund des Mehrheitswahlrechts war im amerikanischen Zwei-Parteiensystem der Kampf um die dort verorteten Wechselwähler entscheidend. Deshalb galten Kandidaten mit moderaten Positionen als besonders erfolgversprechend. Bewerber wie der erzkonservative Republikaner Barry Goldwater 1964 oder der linke Demokrat George McGovern 1972 wurden durch haushohe Niederlagen abgestraft.
Bereits die Wiederwahl von George W. Bush im Jahr 2004 erschütterte diese Gewissheit. Erstmals führte eine bewusst nicht auf die Mitte, sondern den konservativen Rand des politischen Spektrums ausgerichtete Wahlkampfstrategie zum Erfolg. Auch die überraschende Niederlage von Hillary Clinton gegen Donald Trump vor vier Jahren verdeutlichte, wie entscheidend die Mobilisierung des gesamten Wählerpotentials für den Wahlausgang ist.
Die ideale Kandidatur begeistert die eigenen Anhänger und überzeugt gleichzeitig Unentschlossene davon, für die Demokraten zu stimmen. Barack Obama kam diesem Ideal nahe, doch im diesjährigen Wahlkampf ist keine vergleichbare Person in Sicht; zudem ist unklar, ob er unter den heutigen Bedingungen ebenso erfolgreich sein könnte. Den größten Enthusiasmus löst bislang Bernie Sanders aus. Allerdings befürchten viele, dass er mit seinen progressiv-linken Positionen mögliche Wechselwähler verschreckt. Deren Zahl hat jedoch in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen, und zwar parallel zur stetig ansteigenden parteipolitischen und ideologischen Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft. In den 1990er Jahren wurde ihr Anteil am Elektorat noch auf etwa 20 Prozent geschätzt, mittlerweile gelten aber nur noch sechs bis zehn Prozent als tatsächlich unentschlossen. Die Zielgruppe, die durch die richtige Kombination aus Kandidatin bzw. Kandidat und moderaten Politikinhalten zu gewinnen ist, ist somit um die Hälfte geschrumpft.
Weitgehend unstrittig ist, dass das Wählerpotenzial der Demokraten größer ausfällt als das der Republikaner. Die Demokraten vereinen die Stimmen einer Vielzahl von gesellschaftlichen Gruppen auf sich, die ein breites kulturelles, ethnisches und politisches Spektrum repräsentieren – von der schwarzen Gewerkschafterin bis zum queeren Genderaktivisten. Uneinigkeit herrscht hingegen über den richtigen Weg, dieses Wählerpotenzial zu aktivieren. Entscheidet sich die Wahl durch die Mobilisierung des progressiven Spektrums oder im Kampf um die moderate Mitte? Lars Brozus und Johannes Thimm kommen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen.
Lars Brozus: Wer Trump schlagen will, muss das progressive Spektrum mobilisieren
Lars Brozus
Zwei Gründe sprechen dafür, dass der Weg in die Mitte ein Fehler wäre. Erstens besteht die beste Chance, im November vorn zu liegen, darin, jemanden zu nominieren, der nicht nur die eigenen Anhänger, sondern auch Erst- und Nichtwähler zu elektrisieren vermag. Dieses Wählerpotenzial lässt sich durch moderate Positionen jedoch nur schwer aktivieren. Progressive Ideen fallen hingegen auf fruchtbaren Boden, denn das ideologische Spektrum der Demokraten hat sich nach links verschoben. Zudem ist die Wahlbevölkerung jünger und bunter geworden: Der Anteil der Erstwähler hat sich seit 2016 auf etwa zehn Prozent verdoppelt, ethnische Minderheiten machen inzwischen ein Drittel des Elektorats aus. All das schwächt das moderate Milieu, das Obama noch zu erreichen vermochte. Schon Hillary Clinton gelang es mit ihren gemäßigten Positionen vor vier Jahren nicht, das progressiv-linke Spektrum des demokratischen Wählerpotenzials für sich zu gewinnen.
Zweitens dürfte es nahezu unmöglich sein, konservative Wähler davon zu überzeugen, diesmal für die Demokraten oder zumindest nicht für Trump zu stimmen. Denn die vorwiegend weiße, ländliche und ältere Wählerschaft der Republikaner befürchtet, dauerhaft zur Minderheit zu werden. Tatsächlich wird die amerikanische Gesellschaft ethnisch heterogener, kulturell vielfältiger und gesellschaftspolitisch liberaler. In einer Art Dauerwahlkampfmodus nutzt Trump diese Angst, indem er die Ernennung konservativer Richter oder die Eindämmung der Immigration als Erfolge verkauft, die der Liberalisierung der amerikanischen Gesellschaft Grenzen setzen. Mit den Erfolgsmeldungen verbunden ist die Drohung, dass alles gefährdet sei, wenn die Demokraten wieder an die Macht kämen. Weil diese Botschaft den republikanischen Anhängern unaufhörlich eingehämmert wird, dürften sie hochmotiviert sein, zur Wahl zu gehen und für Trump zu stimmen.
Im demokratischen Kandidatenfeld stehen Elizabeth Warren und Bernie Sanders für progressive Ideen. Warren entfacht bislang nur wenig Begeisterung, während Sanders über die enthusiastischsten Anhänger verfügt. Er ist sicher nicht die erste Wahl, wenn es darum geht, Wechselwähler in der Mitte zu gewinnen. Aber die bisherigen Vorwahlergebnisse und die Tatsache, dass er seine Wahlkampagne durch Millionen von Kleinspendern finanzieren kann, unterstreichen seine Popularität. Die Warnung, dass seine Nominierung Trumps Wiederwahl garantieren würde, überzeugt daher nicht.
Johannes Thimm: Die Mitte aufzugeben, ist riskant
Johannes Thimm
Das Argument, dass Mobilisierung mit progressiven Positionen wichtiger sei als ein Ansprechen der Mitte, hat drei entscheidende Schwächen.
Erstens könnte ein Kandidat vom linken Rand nicht nur die eigene Basis mobilisieren, sondern auch die Basis von Trump in Rekordhöhe an die Wahlurnen treiben und so den eigenen Mobilisierungsvorteil wieder zunichtemachen.
Zweitens ist davon auszugehen, dass gerade die dezidiert linken Anhänger der Demokraten hoch motiviert sind, Trump aus dem Amt zu wählen und zu diesem Zweck auch für eine Person stimmen würden, die ihre politischen Präferenzen nicht vollständig reflektiert. Um sie zu mobilisieren, bedarf es keines besonders linken Kandidaten.
Drittens, und das ist das zentrale Argument für einen Kandidaten der Mitte, verlieren die Demokraten die Unentschlossenen, wenn diese gezwungen sind, zwischen zwei Extremen zu wählen. Schwierig wird es insbesondere dann, wenn sie zu der Auffassung gelangen, dass das Programm eines sehr linken Kandidaten einen zufriedenstellenden Status quo, etwa die wirtschaftliche Stabilität, gefährdet.
Ein Beispiel: Ein massiver Ausbau des Sozialstaats – unter anderem ein steuerfinanziertes öffentliches Gesundheitssystem und kostenlose Universitätsbildung –, wie Sanders ihn fordert, muss mit deutlich höheren Steuern finanziert werden. Diese Aussicht könnte viele Unentschiedene unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit verschrecken, selbst solche, die von Trump genug haben: Sie würden entweder nicht wählen oder doch für Trump stimmen. Man kann daher nicht sicher davon ausgehen, dass die mutmaßlich höhere Wahlbeteiligung am linken Ende des Spektrums, die ein progressiver Kandidat verspricht, die damit einhergehenden Verluste in der Mitte ausgleichen könnte.
Umgekehrt kann es gerade in eher konservativ geprägten Wahlkreisen durchaus erfolgversprechend sein, mit moderaten Positionen anzutreten. Dies gilt besonders, da durch die Besonderheiten im amerikanischen Wahlsystem konservative Wahlkreise überproportional viel Gewicht haben. So gelang es den Demokraten bei den Zwischenwahlen zum Kongress 2018, durch die Nominierung von Kandidaten der Mitte zahlreiche Wahlkreise zu gewinnen, die zuvor an die Republikaner gegangen waren.
Zwar mag die Zahl der Wechselwähler insgesamt schwinden, doch können sie noch immer wahlentscheidend sein. Es darf daher bezweifelt werden, ob es für die Demokraten taktisch klug ist, sich auf Trumps Spiel der maximalen Polarisierung einzulassen.
Nie zuvor haben sich so viele EU-Spitzenpolitiker*innen für Afrika interessiert. Neben der EU-Kommissionspräsidentin hat vor wenigen Wochen auch EU-Ratspräsident Charles Michel seine erste Auslandsreise zur Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba unternommen. Letzte Woche haben sich die Kommissionen der EU und AU getroffen, unter anderem um den im Oktober 2020 stattfindenden AU-EU-Gipfel vorzubereiten. Auch in den EU-Mitgliedstaaten – einschließlich Deutschland – nimmt das Kooperationsinteresse mit Afrika stark zu.
Die Rolle Afrikas angesichts geostrategischer Herausforderungen
Verschiedene globale Dynamiken machen eine enge Kooperation mit Ländern in Afrika dringlicher denn je: Die Migrationspolitik ist und bleibt ein wichtiges und sensibles Thema. Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums und einer fortschreitenden Urbanisierung werden afrikanische Länder nicht nur von EU-Staaten, sondern auch von China, Indien, der Türkei, Russland und anderen als wichtige Partner und Zukunftsmärkte gesehen. Auch EU-Akteure setzen sich seit einiger Zeit sehr viel stärker für die Förderung von Wirtschaftsbeziehungen und privaten Investitionen mit afrikanischen Ländern ein.
Neu hinzu kommt, dass Europa dringend internationale Partner braucht, um zumindest Teile der regelbasierten multilateralen Ordnung zu bewahren. Seit die USA und das transatlantische Bündnis weniger verlässlich sind und der wirtschaftliche und geopolitische Wettbewerb mit China stark zugenommen hat, ist Europa auf der Suche nach neuen Partnern und einer neuen außenpolitischen Rolle. Ursula von der Leyen hat daher eine „geopolitische Kommission“ ausgerufen. Kooperation mit Afrika gewinnt damit auch auf globaler Ebene stark an Bedeutung. Zum einen haben viele afrikanische und EU-Staaten ein hohes Interesse am Erhalt und Ausbau multilateraler Institutionen. Zum anderen muss die EU afrikanische Akteure stärker in ihren multilateralen Interessen und Agenden mitvertreten.
Globale Probleme – Europa muss umdenken!
AU-EU-Beziehungen sind bislang für die Bearbeitung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel, Digitalisierung und demographischem Wandel schlecht aufgestellt. Zwar sprechen beide Seiten seit einigen Jahren von einer „gleichberechtigten Partnerschaft“. Die EU betont, dass die „Geber-Empfänger-Beziehung“ der Vergangenheit angehört. De facto geht es in Brüssel aber nach wie vor darum, was sich in Afrika ändern muss und wie die EU diese Veränderungen unterstützen kann. Dass sich auch in der EU einiges ändern muss und unser Gesellschaftsmodell durch Digitalisierung, die notwendige Transformation zur Nachhaltigkeit und alternde Gesellschaften grundlegend in Frage gestellt ist, kommt bislang nicht zur Sprache.
Angesichts der globalen Herausforderungen und des geopolitischen Wettbewerbes bräuchten die AU-EU-Beziehungen daher ein reset und kein update. Der Anspruch einer „geopolitischen Kommission“, das hohe politische Interesse an der Kooperation mit afrikanischen Staaten, die ambitionierte Agenda des European Green Deal und die Initiative der AU eine Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA) zu errichten, sind hierfür eine gute Ausgangsbasis.
Für reset braucht es Bewegung auf beiden Seiten
Seitens der AU liegt eine ambitionierte AU-Reformagenda vor, deren Umsetzung eine strategischere Positionierung gegenüber externen Akteuren bedeuten würde – ein wichtiger Schritt für eine Neuausrichtung der AU-EU-Beziehungen. Auch die Artikulation afrikanischer Interessen und Zielkonflikte, die bei einer Organisation mit 55 Mitgliedstaaten wie der AU nicht ausbleiben, ist eine wichtige Grundlage für ein reset. Seitens der EU und EU-Mitgliedstaaten braucht es einen europäischen Ansatz in der Afrikapolitik, der gemeinsame Ziele und Strategien für die EU-Akteure definiert. Der Anspruch einer „geopolitischen Kommission“ lässt außerdem erwarten, dass die EU ihre Interessen in den Beziehungen transparenter macht. Gleichzeitig sollte die EU den Wettbewerb mit China und anderen nicht verschärfen, sondern wo möglich auf Kooperation hinwirken.
Wichtig ist das mindset der Europäer*innen, mit dem sie auf die Beziehungen schauen. Offenheit für eine Kursänderung wäre ein Anfang. In der EU selbst herrscht große Unklarheit, wie zukunftsfähige Gesellschaftsmodelle in Zeiten des Klimawandels, der Digitalisierung und des demographischen Wandels aussehen können. AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat hat letzte Woche betont, dass eine Seite der anderen kein Modell aufdrängen kann. Dementsprechend müsste gemeinsames Lernen und gemeinsame Wissensproduktion in den AU-EU-Beziehungen in den Vordergrund rücken. Das bedeutet auch, dass Meinungsverschiedenheiten sichtbarer werden.
Nachdem die EU-Kommission Eckpunkte für eine „umfassende Strategie mit Afrika“ vorgestellt hat, sind nun beide Seiten am Zug. Dann haben die AU- und EU-Mitgliedstaaten Gelegenheit, das Ambitionsniveau der Beziehungen auf ein neues Level zu heben.
Nie zuvor haben sich so viele EU-Spitzenpolitiker*innen für Afrika interessiert. Neben der EU-Kommissionspräsidentin hat vor wenigen Wochen auch EU-Ratspräsident Charles Michel seine erste Auslandsreise zur Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba unternommen. Letzte Woche haben sich die Kommissionen der EU und AU getroffen, unter anderem um den im Oktober 2020 stattfindenden AU-EU-Gipfel vorzubereiten. Auch in den EU-Mitgliedstaaten – einschließlich Deutschland – nimmt das Kooperationsinteresse mit Afrika stark zu.
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Verschiedene globale Dynamiken machen eine enge Kooperation mit Ländern in Afrika dringlicher denn je: Die Migrationspolitik ist und bleibt ein wichtiges und sensibles Thema. Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums und einer fortschreitenden Urbanisierung werden afrikanische Länder nicht nur von EU-Staaten, sondern auch von China, Indien, der Türkei, Russland und anderen als wichtige Partner und Zukunftsmärkte gesehen. Auch EU-Akteure setzen sich seit einiger Zeit sehr viel stärker für die Förderung von Wirtschaftsbeziehungen und privaten Investitionen mit afrikanischen Ländern ein.
Neu hinzu kommt, dass Europa dringend internationale Partner braucht, um zumindest Teile der regelbasierten multilateralen Ordnung zu bewahren. Seit die USA und das transatlantische Bündnis weniger verlässlich sind und der wirtschaftliche und geopolitische Wettbewerb mit China stark zugenommen hat, ist Europa auf der Suche nach neuen Partnern und einer neuen außenpolitischen Rolle. Ursula von der Leyen hat daher eine „geopolitische Kommission“ ausgerufen. Kooperation mit Afrika gewinnt damit auch auf globaler Ebene stark an Bedeutung. Zum einen haben viele afrikanische und EU-Staaten ein hohes Interesse am Erhalt und Ausbau multilateraler Institutionen. Zum anderen muss die EU afrikanische Akteure stärker in ihren multilateralen Interessen und Agenden mitvertreten.
Globale Probleme – Europa muss umdenken!
AU-EU-Beziehungen sind bislang für die Bearbeitung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel, Digitalisierung und demographischem Wandel schlecht aufgestellt. Zwar sprechen beide Seiten seit einigen Jahren von einer „gleichberechtigten Partnerschaft“. Die EU betont, dass die „Geber-Empfänger-Beziehung“ der Vergangenheit angehört. De facto geht es in Brüssel aber nach wie vor darum, was sich in Afrika ändern muss und wie die EU diese Veränderungen unterstützen kann. Dass sich auch in der EU einiges ändern muss und unser Gesellschaftsmodell durch Digitalisierung, die notwendige Transformation zur Nachhaltigkeit und alternde Gesellschaften grundlegend in Frage gestellt ist, kommt bislang nicht zur Sprache.
Angesichts der globalen Herausforderungen und des geopolitischen Wettbewerbes bräuchten die AU-EU-Beziehungen daher ein reset und kein update. Der Anspruch einer „geopolitischen Kommission“, das hohe politische Interesse an der Kooperation mit afrikanischen Staaten, die ambitionierte Agenda des European Green Deal und die Initiative der AU eine Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA) zu errichten, sind hierfür eine gute Ausgangsbasis.
Für reset braucht es Bewegung auf beiden Seiten
Seitens der AU liegt eine ambitionierte AU-Reformagenda vor, deren Umsetzung eine strategischere Positionierung gegenüber externen Akteuren bedeuten würde – ein wichtiger Schritt für eine Neuausrichtung der AU-EU-Beziehungen. Auch die Artikulation afrikanischer Interessen und Zielkonflikte, die bei einer Organisation mit 55 Mitgliedstaaten wie der AU nicht ausbleiben, ist eine wichtige Grundlage für ein reset. Seitens der EU und EU-Mitgliedstaaten braucht es einen europäischen Ansatz in der Afrikapolitik, der gemeinsame Ziele und Strategien für die EU-Akteure definiert. Der Anspruch einer „geopolitischen Kommission“ lässt außerdem erwarten, dass die EU ihre Interessen in den Beziehungen transparenter macht. Gleichzeitig sollte die EU den Wettbewerb mit China und anderen nicht verschärfen, sondern wo möglich auf Kooperation hinwirken.
Wichtig ist das mindset der Europäer*innen, mit dem sie auf die Beziehungen schauen. Offenheit für eine Kursänderung wäre ein Anfang. In der EU selbst herrscht große Unklarheit, wie zukunftsfähige Gesellschaftsmodelle in Zeiten des Klimawandels, der Digitalisierung und des demographischen Wandels aussehen können. AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat hat letzte Woche betont, dass eine Seite der anderen kein Modell aufdrängen kann. Dementsprechend müsste gemeinsames Lernen und gemeinsame Wissensproduktion in den AU-EU-Beziehungen in den Vordergrund rücken. Das bedeutet auch, dass Meinungsverschiedenheiten sichtbarer werden.
Nachdem die EU-Kommission Eckpunkte für eine „umfassende Strategie mit Afrika“ vorgestellt hat, sind nun beide Seiten am Zug. Dann haben die AU- und EU-Mitgliedstaaten Gelegenheit, das Ambitionsniveau der Beziehungen auf ein neues Level zu heben.
Nie zuvor haben sich so viele EU-Spitzenpolitiker*innen für Afrika interessiert. Neben der EU-Kommissionspräsidentin hat vor wenigen Wochen auch EU-Ratspräsident Charles Michel seine erste Auslandsreise zur Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba unternommen. Letzte Woche haben sich die Kommissionen der EU und AU getroffen, unter anderem um den im Oktober 2020 stattfindenden AU-EU-Gipfel vorzubereiten. Auch in den EU-Mitgliedstaaten – einschließlich Deutschland – nimmt das Kooperationsinteresse mit Afrika stark zu.
Die Rolle Afrikas angesichts geostrategischer Herausforderungen
Verschiedene globale Dynamiken machen eine enge Kooperation mit Ländern in Afrika dringlicher denn je: Die Migrationspolitik ist und bleibt ein wichtiges und sensibles Thema. Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums und einer fortschreitenden Urbanisierung werden afrikanische Länder nicht nur von EU-Staaten, sondern auch von China, Indien, der Türkei, Russland und anderen als wichtige Partner und Zukunftsmärkte gesehen. Auch EU-Akteure setzen sich seit einiger Zeit sehr viel stärker für die Förderung von Wirtschaftsbeziehungen und privaten Investitionen mit afrikanischen Ländern ein.
Neu hinzu kommt, dass Europa dringend internationale Partner braucht, um zumindest Teile der regelbasierten multilateralen Ordnung zu bewahren. Seit die USA und das transatlantische Bündnis weniger verlässlich sind und der wirtschaftliche und geopolitische Wettbewerb mit China stark zugenommen hat, ist Europa auf der Suche nach neuen Partnern und einer neuen außenpolitischen Rolle. Ursula von der Leyen hat daher eine „geopolitische Kommission“ ausgerufen. Kooperation mit Afrika gewinnt damit auch auf globaler Ebene stark an Bedeutung. Zum einen haben viele afrikanische und EU-Staaten ein hohes Interesse am Erhalt und Ausbau multilateraler Institutionen. Zum anderen muss die EU afrikanische Akteure stärker in ihren multilateralen Interessen und Agenden mitvertreten.
Globale Probleme – Europa muss umdenken!
AU-EU-Beziehungen sind bislang für die Bearbeitung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel, Digitalisierung und demographischem Wandel schlecht aufgestellt. Zwar sprechen beide Seiten seit einigen Jahren von einer „gleichberechtigten Partnerschaft“. Die EU betont, dass die „Geber-Empfänger-Beziehung“ der Vergangenheit angehört. De facto geht es in Brüssel aber nach wie vor darum, was sich in Afrika ändern muss und wie die EU diese Veränderungen unterstützen kann. Dass sich auch in der EU einiges ändern muss und unser Gesellschaftsmodell durch Digitalisierung, die notwendige Transformation zur Nachhaltigkeit und alternde Gesellschaften grundlegend in Frage gestellt ist, kommt bislang nicht zur Sprache.
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Wichtig ist das mindset der Europäer*innen, mit dem sie auf die Beziehungen schauen. Offenheit für eine Kursänderung wäre ein Anfang. In der EU selbst herrscht große Unklarheit, wie zukunftsfähige Gesellschaftsmodelle in Zeiten des Klimawandels, der Digitalisierung und des demographischen Wandels aussehen können. AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat hat letzte Woche betont, dass eine Seite der anderen kein Modell aufdrängen kann. Dementsprechend müsste gemeinsames Lernen und gemeinsame Wissensproduktion in den AU-EU-Beziehungen in den Vordergrund rücken. Das bedeutet auch, dass Meinungsverschiedenheiten sichtbarer werden.
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The publication at the end of last year of the European Commission proposal for a ‘Green Deal’ was touted as Europe’s ‘Man on the Moon’ moment, putting forward an agenda for deep transformations towards sustainability within the EU and internationally. With the first big step having been taken, it is now essential to ensure that this agenda is translated into equally ambitious action.
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Bolsonaro se cerca de militares Atua para instrumentalizá-los Aposta no caos, e não no diálogo Opresidente Jair Bolsonaro parece ter passado ao ataque ao endossar, mesmo sem admitir, um movimento de rua no próximo dia 15 de março, organizado em protesto contra o Congresso e a Justiça –as duas instituições republicanas e democráticas que, […]
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